2. Ein Wildling „zieht“ ein
Meine Eltern vereinbarten mit mir, dass ich mich über Katzenhaltung informieren sollte und sie würden die finanziellen und tierärztlichen Dinge übernehmen. Mein Vater sagte „Und selbst wenn wir ihn nur kastrieren lassen und ihn durchfüttern. Er kann auch so scheu bleiben und weiter draußen leben.“
Wir richteten für Matti einen Schlafplatz in einer geschützten Ecke unter unserem Vordach ein. Er kam regelmäßig zum Fressen. Er kam täglich um 16 Uhr und schlief hier irgendwo, so dass man ihn sehen konnte. Dann gab es auch Futter. Morgens genauso. Nur in seine Nähe durfte man nicht kommen, dann wurde gefaucht oder geflüchtet.
3. September 2012
Im September kam Matti dann zaghaft zum Futtern in den Flur, aber die Haustür musste offen bleiben, damit er zu jeder Zeit wieder flüchten konnte. Man konnte ihm von weitem beim Fressen zuschauen, durfte sich aber keinesfalls bewegen.
So ging es Schritt für Schritt weiter, bis Matti dann inzwischen im Wohnzimmer fraß (bei offener Terrassentür). Manchmal blieb er auch noch ein paar Minuten und legte sich kurz hin.
Ich war zu derzeit oft die Einzige im Haus und vor mir hatte er irgendwie weniger Angst. Es war jedoch noch lange nicht daran zu denken, dass Matti irgendwann mal die Zeit im Haus verbringt bzw. dort schläft.
Wir hatten immer noch Sommer – Matti kam regelmäßig zum Fressen – hielt sich dann aber draußen auf – jederzeit fluchtbereit.
4. Urlaub an der Nordsee
Im Oktober wollten wir 2 Wochen an die Nordsee fahren. Für Matti kauften wir eine Katzenhütte und kleideten diese mit Styrodur und Heu aus. Eine andere Nachbarin kümmerte sich in dieser Zeit um die Versorgung des Katers. Er kam ja nach wie vor nicht für längere Zeit oder zum Schlafen ins Haus. Sie stellte ihm regelmäßig Futter an seinen gewohnten Ort.
Nachdem wir aus dem Urlaub zurück waren, erzählte unsere Nachbarin, dass Matti seine Hütte nicht wirklich angenommen hatte. Sie stellte ihm deshalb einen Karton mit Decken hin, worin er dann teilweise nachts schlief.
Kaum waren wir wieder zu Hause, stand auch Matti vor der Tür und forderte sein Fut-ter ein. Und dann? Er verließ nicht fluchtartig das Haus, sondern legte sich aufs Sofa. Wir staunten nicht schlecht.
5. Matti im Haus
Ich kann mich im Moment nicht mehr daran erinnern, ob sich Matti zu diesem Zeitpunkt schon vereinzelt streicheln ließ. Jedenfalls wurde noch jedes zu Nahe kommen oder schnellere Bewegungen/Laufen mit Fauchen und Fluchtinstinkt kommentiert.
Ok, Matti hatte nun festgestellt, dass es im Haus auch ganz schön sein kann, vor allem aber warm - es ging ja schließlich streng auf den Winter zu.
Nun standen wir vor dem nächsten Problem oder eher gesagt, wir mussten die nächste Schwierigkeit irgendwie lösen. Matti schlief inzwischen nachts im Haus, konnte aber mit dem Katzenklo überhaupt nichts anfangen. Also bauten wir aus Sty-rodur und mit Hilfe des Terassenrollos eine eigene „Katzenklappen-Konstruktion“. Damit Matti auch nachts raus und rein konnte, wie er wollte.
Von der Heizkostenabrechnung in dem Winter reden wir hier mal lieber nicht

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6. Mattis Weg zum Familienkater
Es ging nun stark auf den Winter zu. Matti kam tagsüber herein und schlief mehrere Stunden auf dem Sofa, aber eher, wenn nur eine Person im Haus war.
Normales Familienleben war ihm noch sehr suspekt. Also sobald abends alle zu Hause waren und sich dann ins Wohnzimmer setzten, flüchtete Matti entweder in die hinterste Ecke mit weitem Abstand zu uns oder verließ fluchtartig das Haus.
Der eingeschaltete Fernseher war gar nichts für ihn. Irgendwann als er wieder nachmittags auf dem Sofa lag und wir beide alleine im Haus waren (zu mir hatte er immer noch das größte Vertrauen zu diesem Zeitpunkt) schaltete ich vorsichtig den Fernseher ein, aber ohne Ton. Und verließ wieder den Raum. Irgendwann blieb ich auch vor dem Fernseher sitzen und dann kam auch der Ton dazu; wir schauten regelmäßig zusammen Skispringen…daher auch MATTI (Matti Nykänen, Matti Hautamäki waren sehr erfolgreiche Skispringer).
Jetzt flüchtete Matti abends nicht mehr, wenn mehrere Personen (also alle die hier im Haus wohnen) im Wohnzimmer saßen. Er lag dann halt mit einem großen Sicher-heitsabstand am anderen Ende des Raumes.
Fressen tat er auch nur in einer ruhigen Ecke im Wohnzimmer. Irgendwann haben wir dann seinen „Essensplatz“ in die Küche verlegt, die er dann auch zögerlich betrat. Wir haben ihm dann zum Fressen alleine gelassen. Während des Fressens in der Küche „rumzuwusseln“, wäre gar nicht gegangen.
Inzwischen durfte ich Matti vereinzelt streicheln, was er auch mit Schnurren kommentierte.
Schnelleres Gehen bzw. Hantieren in seiner Nähe wurde jedoch nach wie vor mit Flucht oder Fauchen quittiert.
Mit Spielzeug konnte Matti erstmal gar nichts anfangen. Nachdem er tagsüber etwas länger im Haus war oder gerade morgens zum Fressen ins Haus kam und meinem Vater ein Taschentuch aus der Hosentasche fiel, stürzte sich Matti darauf; tobte damit herum und zerfetzte es.
Man konnte mit ihm dann auch mit der Federangel spielen, aber die mochte er auch immer nur 5 Minuten am Stück. Dann liebte er irgendwann 2 Sisalbälle mit Federn sowie den „Squieky“ (Zwitscherball).
Aber Spielzeug ist für ihn auch heute noch nicht wichtig.
Draußen erlebt er mehr.
7. Tierarzt und Kastration
Als Matti uns zulief war er noch nicht kastriert. Dies sollte ja möglichst schnell gemacht werden.
Aber wie kriegt man einen scheuen Kater zum Tierarzt, der sich zwar ab und zu streicheln lässt, aber bei dem an Hochheben überhaupt nicht zu denken ist?
Aus dem Forum wusste ich bereits, dass man sich beim Tierarzt oder im Tierheim eventuell Lebendfallen ausleihen kann. Die TÄ hatte keine Falle zum ausleihen.
Wir schilderten der ortsansässigen Tierärztin den Fall und daraufhin erklärte sie uns, dass es ein Beruhigungsmittel namens „Sedalin“ gäbe, was den Kater ruhig stellt, sodass man ihn leichter in die Transportbox bekommen würde.
Am vermeintlichen Morgen der Kastration gaben wir Matti die „Sedalin-Paste“ mit Leckerli und im Futter. Da dieses Mittel aber sehr stark riecht, fressen es die Katzen aber nicht unbedingt. Er nahm nur ein bisschen davon zu sich, aber das Zeug wirkte entgegengesetzt. Matti drehte total ab und tobte durchs Haus bzw. ging buchstäblich die Wände hoch. Er wollte unbedingt raus. Er war bis zu diesem Zeitpunkt noch nie bei uns eingesperrt. Wir riefen die Tierärztin an, was wir jetzt tun sollten. Sie wusste da auch keinen Rat und wollte so einen „wilden Kater“ auch nicht behandeln. Irgendwas hatte sie anscheinend nicht kapiert bei unserem Gespräch.
Nach 3 Stunden ließen wir Matti wieder raus. So hatte das keinen Zweck. Wir hatten zwar große Bedenken, weil er noch torkelig war, aber was sollten wir machen?
Im Nachhinein las ich im Internet, dass „Sedalin“ häufig nur die Muskeln lähmt, aber die Katzen davon nicht unbedingt schläfrig werden. Und das bei Scheuchen das Zeug schon mal ins Gegenteil umschlägt, weil die Katzen merken, dass etwas mit ihrem Körper geschieht, sie es aber nicht einordnen können.
Da Matti aber trotzdem kastriert werden musste und allgemein einem Tierarzt vorgestellt werden sollte, entschieden wir uns ihn in die nahegelegene Tierklinik zu bringen, in der wir auch immer mit unserem Jack-Russell-Terrier waren.
Wir hatten von verschiedenen Personen gehört, dass die Katzen das Einfangen oft übel nehmen. Deswegen haben uns gute Bekannte angeboten, den Kater einzufangen und in die Tierklinik zum Kastrieren und für weitere Untersuchungen zu bringen. Das Einfangen gestaltete sich dann jedoch auch schwieriger als vorher von unseren Bekannten angenommen. Letztendlich wurde Matti in mit Hilfe eines Keschers in die Transportbox befördert.
Die Einfangaktion fand statt als sich gerade keiner von den üblichen Familienmitgliedern im Haus befand. Matti sollte das Einfangen mit Keinem von Uns in Verbindung bringen. Mein Part bestand vorher darin, Matti möglichst in einen Raum zu locken bzw. an einen gewohnten Platz.
Ich hatte mich im Forum bezüglich der Transportboxwahl beraten lassen. Die Box sollte sich möglichst von vorne und oben Öffnen lassen. Die Wahl fiel dann auf die „Pet Cargo Cabrio“ Box.
Matti tobte so in der Box, dass sie kurz vorm Auseinanderbrechen war. Sie wurde daher mit Paketband stabilisiert. In der Tierklinik angekommen (abends) wurde dann festgelegt, dass es besser wäre, wenn dieser „tobende und fauchende“ Kater erstmal etwas zur Ruhe kommt. Er sollte in der Tierklinik übernachten und die Kastration sollte am nächsten Tag stattfinden.
Die Transportbox wurde dann durch die „Guliver 3 von Stefanplast“ ersetzt. Sie hält den tobenden Kater in der Box aus, ohne auseinander zu brechen.
Matti wurde während der Kastration auch gechippt und tätowiert. Außerdem wurde ein FelV/FiV Test gemacht, wobei beides zum Glück negativ getestet wurde.
8. Augen Operation
Mattis linkes Auge hatte ein sogenanntes „Rollid“, welches in nächster Zeit auch operiert werden musste.
Die Augen-OP wurde dann im März 2013 durchgeführt. Matti sollte nach der OP bis zum Fäden ziehen einen Trichter tragen und er sollte noch mindestens 2 Wochen verschiedene Augensalben/Medikamente bekommen.
Da wir nicht wussten, ob sich Matti von uns den Trichter An- und Ausziehen lässt (draußen sollte er ihn nicht tragen) – aber Matti ohne Freigang, die Wände hochgehen würde, entschieden wir, dass er dann die 2,5 Wochen in der Klinik bleiben soll. Die Augensalbe/Medikamentengabe hätte hier zu Hause sowieso überhaupt nicht funktioniert.
Karfreitag – pünktlich zu Ostern konnten wir Matti wieder aus der Klinik abholen. Er war quasi unser schönstes Ostergeschenk. Wir hatten einen herrlichen Sonnentag und nach dem Verlassen der Transportbox wollte Matti natürlich sofort raus. Er war ca. 2 Stunden unterwegs kam aber jede Viertelstunde wieder herein, um sich schnur-rend streicheln zu lassen. Einen großen Teil des Osterwochenendes verbrachte Matti bei uns schmusend auf der Couch und wir waren soooo froh, dass wir ihn wieder bei uns zu Hause hatten.
9. Katzenklappe
Während seines Klinikaufenthaltes ließen wir in unsere Haustür eine Katzenklappe („PetPorte-Smartflap“) einbauen.
Die "Klappentür" wurde erstmal hochgebunden, da MATTI bisher nicht verstand, das er mit seinem Köpfchen gegen die "Tür" drücken muss. Er guckt einen nur doof durch die durchsichtige Scheibe an.
Er sollte sich jetzt einfach erst mal an seinen neuen Eingang gewöhnen. Wenn die Scheibe hochgebunden ist, hatte er nämlich keine Probleme durch die "Tür" zu gehen. Da ja langsam die Temperaturen steigen, kühlt der Flur auch nicht aus.
Dann haben wir einige Wochen "Klarsichthüllenstreifen" als Scheibenersatz angeklebt – erst dünnere- dann grobere Streifen. Danach eine komplette stärkere Klarsichthülle (mit einem kleinen Einschnitt). Dies hat alles wunderbar funktioniert. Matti ging durch alle diese „Ersatzscheiben“ ohne Probleme.
Da der Winter jetzt immer näher rückte hatten wir die Klappe runtergelassen (ohne Programmierung - lässt sich im Moment wie eine einfache Klappe in beide Richtun-gen bewegen, ohne einzuhaken), da die Schritte bis dahin ja gut funktioniert haben.
Er mochte die Klappe absolut nicht bzw. er verstand nicht, dass er mit dem Köpfchen gegen die Scheibe drücken muss, damit sie aufgeht. Er haute immer mit der Pfote gegen die Scheibe oder kratzte am Rand. Haben ihn dann mit Leckerchen gelockt, damit er durch die Klappe geht. Es funktionierte überhaupt nicht.
Matti drückt auch keine angelehnten Türen mit dem Köpfchen auf, er bleibt dann sitzen.
Genauso verhielt sich Matti mit der Katzenklappe. Sobald die Scheibe der Klappe unten war, blieb Matti draußen sitzen und schlief dann draußen.
Vielleicht wurde er auf diese Weise ausgesperrt. Also dass die Tür nicht mehr für ihn aufgemacht wurde, falls er jemals ein Zuhause hatte.
10. Augenverletzung und Rückschritt
Ungefähr im Mai 2013 durfte ich zum ersten Mal Mattis „Bäuchlein“ kraulen. Er hatte es Einem schon öfter entgegengestreckt, aber er hat dann oftmals anscheinend Angst vor seiner eigenen „Courage“. Bis dahin war es dann oft so, dass man sein entgegengestrecktes „Bäuchlein“ anfassen durfte, er sich dann im nächsten Moment aber so sehr, dass er dann vor Schreck auch schon mal die Krallen ausfuhr und kratzte oder wegsprang.
Einen großen Rückschritt in Sachen Vertrauen gab es noch einmal vor einem Jahr - im November 2013. Matti kam nach dem Freigang nach Hause und kniff das linke Auge zu. Dies fiel aber erst nicht so auf, da es sich um sein operiertes Auge handelte und er es immer etwas geschlossener hatte. Nach 2 Tagen oder so trübte sich das Auge aber ein.
Also ging es nun wieder in die Tierklinik zur Untersuchung. Dort gibt es zum Glück 2 Augenärzte. Dies war an einem Samstag zur Notfallsprechstunde. Mein Vater kam mit Matti dann wieder nach Hause.
Diagnose: Kleiner Riss in der Hornhaut. Mein Vater hatte mehrere Salben und Tropfen mitgegeben bekommen, die man Matti direkt ins Auge machen sollte. Mein Vater sagte dann, dass Matti die Augensalbe/Tropfen mindestens 5x am Tag bekommen sollte.
Wir guckten meinen Vater nur ungläubig an (mal abgesehen davon, dass tagsüber nicht mehrere hier sind, die das mit Matti machen können) war es überhaupt nicht vorstellbar, dass sich Matti das gefallen lässt. So war dann auch. Nach 2x Tropfen betrat Matti nicht mehr das Haus. Fressen hat er nur noch draußen zu sich genom-men.
2 Tage später – am Montag ging wieder in die Klinik zur Nachkontrolle und da ist Matti dann auch geblieben. Ich glaube 2,5 Wochen... da hat er sogar 10x die Augen-medikamente bekommen. Von uns lies er sich die Medikamente am Auge nicht vera-breichen und uns war das Risiko zu groß, dass Matti durch die ungenügende Versor-gung mit Medikamenten auf dem Auge erblindet.
Kurz vor Heiligabend im Jahr 2013 wurde Matti aus der Tierklinik entlassen.
Meine Eltern haben ihn dann unter der Bedingung abgeholt, dass ihnen genau von den Ärzten/Helferinnen gezeigt wird, wie sie das mit den Medikamenten verabreichen am Auge und Matti machen.
Nachdem der Kater aus der Tierklinik zurück war, haben wir die Katzenklappe einfach unten gelassen, sodass er diese nun benutzen musste. Und siehe da, es klappte auf einmal.
Den "Aufstieg" zur Katzenklappe hat mein Vater auch noch einmal umgebaut.
Matti benötigt die Augensalbe und Tropfen nach wie vor 1x täglich. Und es funktioniert super. Einer hält ihn und einer gibt die Salbe/Tropfen. Er schnurrt sogar dabei. Aber nicht aus Angst. Danach sind 2 Leckerchen Pflicht. .
Und nach jedem Klinikaufenthalt war er noch zutraulicher. Nach der letzten eben beschriebenen Aktion können wir echt alles mit ihm machen.